Auch dieses Mal soll es
noch nicht um meine Arbeit in der Schule gehen, denn es gibt erst mal
viel anderes zu erzählen.
Es ist nun schon ein
bisschen länger als einen Monat her, dass ich Dresden verlassen habe
und genau ein Monat, seit ich in Australien gelandet bin. In der
Zwischenzeit habe ich schon ziemlich jede Ecke von Warwick und auch
ein wenig von der Umgebung gesehen.
Zuerst zu Warwick: Wie ich
schon erzählt habe, handelt es sich dabei um eine kleine,
eingeschworene Gemeinde. Insgesamt leben hier circa 12 000 Menschen
(zumindest hat man mir das so erzählt) und wahrscheinlich mehr
Tiere, weshalb man festhalten kann, es hat mehr die Größe eines
Dorfes. Nichtsdestotrotz lässt es sich in Warwick gut leben. Der Weg
zum Supermarkt und ins Shoppping-Center ist nicht zu weit, vom
Mädchen-Internat sind es vielleicht 15 Minuten zu Fuß. Man muss
sich allerdings recht schnell überlegen, ob man noch etwas besorgen
muss, da alle Geschäfte bereits 17 Uhr schließen (und für
gewöhnlich sind wir nicht vor 15:30Uhr aus der Schule zurück!). Es
gibt drei oder vier Fitnesscenter (auch wenn die meisten Menschen
nicht aussehen, als würden sie sie nutzen) und einen riesigen
Sportplatz. Und wenn man freitags oder samstags gern ausgehen möchte,
bietet Warwick ein Kino (mit ganzen zwei Sälen, also zwei Filmen pro
Abend) und drei Clubs.
Clubs kannst du hier etwas
differenzieren. Da ist der RSL Club, für den wir Gappies jetzt sogar
Mitgliedskarten haben. Der RSL ist eine Art Sportkneipe mit
integriertem Casino. An unserem ersten Wochenende hier haben uns die
Sportlehrer der Schule auf ein Bier eingeladen und wir haben dort
gemeinsam Rugby geschaut (wovon ich ja absolut keinen Plan hatte) und
Billard gespielt. Der Abend war noch jung, also haben wir uns
verabschiedet und sind in den nächsten Club gegangen. Ignorieren wir
mal die Tatsache, dass wir die Lehrer später auch in diesem
getroffen haben.
Dieser Club ist schon eher
das, was wir unter Club verstehen. Du kannst tanzen, trinken und
zusätzlich auch noch Billard spielen. Dieser ist wohl der
beliebteste Ort für die Ansässigen, auch wenn es eigentlich nur ein
einziger (recht kleiner) Raum ist.
Für mich war es zwar ein
sparsamer Abend, aber im Allgemeinen ist Alkohol (und auch alles
andere) in Australien furchtbar teuer.
Vergangene Woche sind wir
mit ein paar Schülern nach Stanthorpe gefahren. Das liegt etwa 1,5h
südwestlich von Warwick und hat ungefähr die selbe Größe. Was ich
nun mit dieser Kleinstadt verbinde ist ein schlimmer Autounfall, den
wir auf dem Rückweg vom Sportfest dort gesehen haben. Die
Kurzfassung ist, ein 17Jährige (natürlich Fahranfängerin) war auf
dem Heimweg, hat anscheinend etwas in Stanthorpe vergessen und wollte
umdrehen. Allerdings fuhr hinter ihr ein Bus voller Schüler und
dieser kann nun mal nicht so schnell bremsen. Als die Gute nun also
mitten auf dem Highway (über eine doppelte Linie – absolutes
No-Go) einen U-Turn hinlegt, rammt der Bus das Auto seitlich und die
Fahrerin des Wagens, sowie ihr Bruder mussten schwer verletzt ins
Krankenhaus eingeliefert werden.
Ansonsten weiß ich über
Stanthorpe nur, dass es dort im Sommer viele Jobs gibt, weil rund um
die Stadt viele Obstplantagen und Bauernhöfe liegen. Falls wir also
mit unserem Einkommen nicht zufrieden sind, können wir dort arbeiten
gehen.
Die nächstgrößere
Stadt, die circa 1h entfernt liegt, heißt Toowoomba. Dort waren wir
am Samstag mit den Internatsschülern (sowohl Mädels als auch Jungs,
was das Ganze echt verkompliziert hat, das kann ich euch sagen). Es
ist so, dass die Kids hier nicht wirklich aus- oder weggehen können,
wie wir das kennen. Deshalb organisieren die Schulen in der Umgebung
abwechselnd sogenannte Socials, wir würden das als Kinder-Disko
bezeichnen. Das witzige an diesem Ausflug war, dass ich mir furchtbar
alt vorkam. Die Kids dort waren zwischen 13 und 18 Jahren alt, haben
sich verhalten, wie man das nun mal in dem Alter macht und ich musste
daneben stehen und gegebenenfalls dazwischen gehen, wenn die
angefangen haben, zu knutschen.Ohne Mist, das war meine Aufgabe dort!
Und mal ganz ehrlich, ich sehe ja nun auch nicht wirklich alt und
Autoritätspersonen-mäßig aus, oder? Tja, deshalb war das ein recht
schwieriges Unterfangen.
Etwas Gutes hatte der
Abend aber: In Toowoomba arbeiten vier deutsche Gappies (alles
Mädels), die ich auf dem Social kennengelernt habe. Sie kommen aus
Hamburg, Stuttgart und dem Ruhrgebiet und wollen mich irgendwann mal
in Warwick besuchen kommen.
Heute war ich wieder in
Toowoomba (und konnte die Stadt bei Tageslicht betrachten). Um
ehrlich zu sein, es erinnert mich total an die USA! Alles voller
Shops und Shopping-Center, ab und zu ein Park (,die wirklich sehr
sauber und ordentlich gehalten werden) und sogenannte
„neighbourhoods“. Die Jüngsten der Junior School (mit denen ich
ja hauptsächlich arbeite) hatten heute einen Theaterbesuch in
Toowoomba - „Happy birthday, Peter Rabbit!“. Es war einfach süß,
wie sich die Kleinen gefreut und tatsächlich benommen haben. Das
Theater selber war auch wirklich hübsch anzusehen, von innen wirkte
es recht neu.
Ihr seht, langsam aber
sicher, kommen wir zu dem Part, in dem ich euch erzähle, was ich
hier eigentlich Job-mäßig tue...
Aber vorher noch zwei
äußerst...sagen wir mal, seltsame Stories:
Nachdem wir die
Internatsschüler am Samstag nach dem Social ins Bett gebracht hatten
(das ist jetzt im literarischen Sinne gemeint!), wollten wir Gappies
noch auf einen Drink in einen der Clubs der Stadt gehen. Leider war
es schon 12Uhr als wir dort angekommen sind, weshalb wir nicht mehr
rein durften. Da meine Zimmernachbarin Sonntag-Morgen arbeiten
musste, wollten wir wieder nach Hause und die Jungs wollten auch in
ihr Haus zurück und unsere Wege haben sich getrennt.
Da Hayley und ich noch vom
Social chic angezogen waren, haben wir die Aufmerksamkeit von
irgendwelchen Typen auf uns gelenkt, die uns dann die Straße runter
im Auto verfolgt haben. Grundsätzlich reagiert man darauf einfach
nicht, aber da aus einem Pfeifen ein Rufen und Anmachen wurde, war es
uns nicht mehr so egal.
Der McDonalds in Warwick
hat einen 24h-Drive-Through und Überwachungskameras, also sind wir
direkt dorthin geeilt, hatten ja aber kein Auto. Die Polizei hat uns
laufen gesehen und ist uns gefolgt. Hayley hat es mit der Angst zu
tun gekriegt, sie wollte nicht wirklich von der Polizei aufgelesen
werden, aber ich habe ihnen einfach gesagt, dass wir uns verstecken.
Was macht die Polizei,
dein Freund und Helfer in dieser Situation? - Sie fahren dich nach
Hause. Ohne Gebühren, versteht sich.
Somit bin ich also am
Samstag das erste Mal in meinem Leben in einem Polizeiwagen gefahren.
Das Witzige war, dass die
Türen sich nur von außen öffnen lassen, der Polizist also die
Scheiben runter gelassen hat und wir so an die Griffe gekommen sind.
Trotzdem war uns die Sache nicht ganz egal und von nun an, lassen uns
die Jungs nicht mehr allein nach Hause gehen.
Ach ja, und da wir gerade
beim Thema sind: An meinem ersten Tag in Australien habe ich den
Fernseher im Hotelzimmer eingeschaltet, um Nachrichten zu sehen. Was
höre ich da? Eine ältere Frau wird in Warwick schon seit 10 Tagen
vermisst. Gut, am Anfang hab ich mir nicht viel dabei gedacht, aber
eine Woche später kam raus, dass sie ermordet wurde.
Und letzte Woche ist
jemand in ein Schmuck-Geschäft in der Mall eingebrochen und hat so
einiges mitgehen lassen. - Halten wir also fest, Warwick ist nicht
gerade ein friedliches kleines Städtchen und ich werde nie wieder
allein durch die Straßen schlendern.
Aber keine Sorge, mir geht
es gut und nun bin ich schon genau 5 Wochen von zu Hause weg und habe
ein Zehntel meiner Zeit in Australien schon rum. Ich vermisse euch,
kann jetzt aber wieder Whatsapp nutzen, falls ihr Lust habt, mir zu
texten.
Liebste Grüße aus Down
Under, Lauri <3
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