Samstag, 23. Februar 2013

Term One

Liebste Grüße an alle vom anderen Ende der Welt!
Heute ist es mal wieder an der Zeit, dass ich mich bei euch melde und einen kleinen Bericht des aktuellen Standes abgebe.

Der erste Term diesen Jahres konnte trotz Fluten pünktlich am 30.01. beginnen, auch wenn einige Schüler erst mit leichter Verspätung nach Warwick kamen.
Im Internat haben wir jetzt 75 Mädels und ich glaube, circa ein Drittel davon sind neue Schülerinnen.
Für mich gibt es seit diesem Term eine Menge mehr an Arbeit, sodass ich unter der Woche so gut wie 12 Stunden pro Tag arbeite. Aufgrund von personellen Einsparungen an Aufsichtspersonen im Internat muss ich jetzt montags bis donnerstags abends mit den jüngeren Mädels (7.-9. Klasse) Hausaufgaben machen, ihre Handys einsammeln und, zu meiner Überraschung und irgendwie auch Freude, Gute-Nacht-Geschichten vorlesen.
Es ist eine nette Beschäftigung am Abend und ich bin nicht ganz so einsam, jetzt da all meine Mitbewohnerinnen nicht mehr in Warwick sind. Natürlich ist es nicht ganz einfach, die Kleinen dazu zu bewegen, ihre Hausaufgaben zu machen, geschweige denn sie ordentlich zu machen. Der einzige Nachteil an der ganzes Sache ist, dass ich jetzt ständig furchtbar müde bin und das halbe Wochenende verschlafe.
Doch die Tatsache, dass eine Schulwoche so sehr schnell vergeht, macht alles andere wett.

Glaubt es oder glaubt es nicht, aber bald bin ich schon wieder auf dem Weg nach Hause! Über zwei Drittel meines Aufenthaltes in Australien sind jetzt schon vorüber und es ist unglaublich, was ich hier alles gesehen, erlebt und gelernt habe. Vor Weihnachten habe ich begonnen eine Liste mit „ersten Malen“ aufzustellen, die hier passiert sind, und es ist wirklich toll, wie weit ich mich doch entwickelt habe, seit ich ans andere Ende der Welt gekommen bin.

Wenn mich jemand fragt, ob ich es bereue, ein Gap Year gemacht zu haben, kann ich ihnen keine klare Ja/Nein-Antwort geben. Würde ich es nochmal machen? - Vielleicht.
Die Sache ist, dass ich Australien sehr genieße und mich glücklich schätze, dieses Abenteuer zu erleben. Auf der anderen Seite aber, fällt es mir sehr schwer so weit von meinen Liebsten entfernt zu sein. Und wenn ich höre, wie andere ihr Auslandsjahr verbringen, werde ich sehr neidisch, da meines hauptsächlich aus Arbeit besteht.
Nichtsdestotrotz will ich mich an dieser Stelle nicht beschweren, denn die Erfahrung der harten Arbeitswelt muss jeder früher oder später machen. So komme ich wenigstens auch nicht aus dem Rhythmus und empfinde Uni dann vielleicht sogar als entspannend.
Die Menschen, die ich hier kennengelernt habe, und die Kinder, mit denen ich arbeite, sind einzigartig und ich werde sie nie vergessen.

Das bringt mich zu einer Geschichte, die ich euch furchtbar gern erzählen möchte:
Auch mein Tagesplan in der Schule hat sich diesen Term verändert. Da es in der Junior School jetzt eine Lehrerassistentin weniger gibt, wurden mir zwei Klassen (1 + 2) zugewiesen, zwischen denen meine Stunden jetzt aufgeteilt werden. In der zweiten Klasse gibt es einen Jungen mit Asperger Syndrom, einer Form von Autismus, bei der Betroffene als äußerst intelligent gelten. Er hat Probleme sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, die kleinsten Dingen können ihn zum Ausrasten bewegen und er versteht gewisse soziale Signale und Aussagen nicht.
Als ich ihn vergangenen Juli kennengelernt habe, wollte er kein Wort mit mir reden, nicht davon zu sprechen, sich von mir helfen zu lassen.
Doch nun ist er zu einer meiner Hauptaufgaben in der Schule geworden.
Und mit ihm habe ich den wohl schönsten Moment meiner bisherigen Arbeit in Warwick erlebt:
Durch unsere täglichen Einzelsitzungen über Rechtschreibungstests und Mathe-Aufgaben haben wir eine gewisse Verbindung aufgebaut und als ich die Klasse eines Tages zum Sportunterricht begleitet habe, nahm er meine Hand und wollte nur mit mir Basketball spielen. Zwei Anmerkungen an dieser Stelle: 1.) Meine Rolle beim Sportunterricht ist hauptsächlich, Materialien zu besorgen und die Klasse zu unterhalten, für den Fall, dass die „Kinder mit besonderen Ansprüchen“ eine Art Anfall bekommen. Und 2.) Autistische Kinder mögen Körperkontakt nicht und sind meist recht linkisch. Iggy kann beispielsweise den Basketball nicht richtig prellen. Nichtsdestotrotz hat er mit mir zusammen einige Ballübungen gemacht und nach einer gewissen Zeit sogar Gefallen daran gefunden. Für gewöhnlich streuselt er im Sportunterricht einfach durch die Gegend, ignoriert die Lehrerin und macht sein Ding. Aber jetzt fängt er an, es wenigstens zu versuchen, wenn auch nur mit mir.

Das hat mir bewiesen, dass meine Arbeit hier nicht sinnlos ist, sondern die Kinder davon profitieren, dass wir hier sind. Es hat mich wirklich sehr stolz gemacht und jeder dieser Erfolgsmomente gibt mir ein sehr gutes Gefühl.

Ein Highlight der letzten Wochen war der Valentinstag. In der Schule konnte man Schokoladenkekse in Herzform an seinen Valentin schicken und am Abend habe ich die Senior-Internatsschülerinnen zu einer netten Veranstaltung an der Schule begleitet. Die Seniors im Jungeninternat haben für dich Mädels gesungen und anschließend gab es einen netten (und riesigen) Kuchen. Das war wirklich süß.
Genau ein Jahr zuvor lag ich zum Valentinstag in Österreich im Krankenhaus auf einer Liege mit einigen Bänderrissen. Und dieses Jahr war ich eben am anderen Ende der Welt.
Nächstes Jahr, Drops...

Ansonsten gibt es nicht viel zu erzählen, fürchte ich.
Letztes Wochenende hatte ich eine allergische Reaktion und habe deshalb viel entspannt.
Dieses Wochenende bin ich krank (nur eine Erkältung, keine Sorge) und faulenze deshalb mehr oder weniger rum.
Die Planung für den Urlaub mit Mama und Willi habe ich gestern endlich beendet – alles ist gebucht und zumindest Anzahlungen sind gemacht.
Gestern war ich mit Andrew und Daniel beim Geocaching und wir haben tatsächlich zwei Caches gefunden.

Der Countdown läuft schon fast – 15,5 Wochen und ich bin wieder daheim.